Heutzutage geht ja fast alles zu bedrucken, von der überdimensionalen Freifläche auf einer Bühne bis hin zu einem Bleistift oder noch kleineren Kommunikationsmitteln: Print ist trotz der Digitalen Transformation noch lange nicht tot, wie so manche Unkenrufe ertönen. Viel mehr werden die Formate im Grafikdesign einfach immer spannender, denkt man zum Beispiel an 360-Grad-Videos, aus mehreren Bildschirmen zusammengesetzte Flächen als so genannte Digital Signage usw. Das stellt uns als Grafiker natürlich auch immer wieder, und ich möchte meinen: fast täglich vor neue Herausforderungen.
Das Pferd von hinten aufzäumen
Gut, dass mir in diesen schnellen Zeiten im Kopf geblieben ist, was ich schon in der Ausbildung als Grundlage für die Bildbearbeitung und Gestaltung gelernt habe, als wir fast ausschließlich Printmedien gestaltet haben und von digitalen Medien noch gar nicht groß die Rede war: Man muss von der Ausgabe her denken. Darauf berufe ich mich täglich. Wie einen kleinen Erinnerungszettel halte ich mir diesen Gedanken bei der Bildbearbeitung stets vor Augen. Im Management denkt man Projekte ja auch vom Ende her, oder – was ich persönlich sogar noch besser finde – vom Kunden her. Das kann man sehr gut auf das Mediendesign übertragen. Das ist für meine Begriffe ein hilfreicher Gedankengang, wenn man ein Projekt gerade erst beginnt. Es ist immer wichtig, sich gedanklich das fertige Grafikdesign vorzustellen: Wo kommt es zum Einsatz? An einer Autobahnbrücke, an einem Messestand oder als animierte Bandenwerbung bei einem Spiel?
Herausforderung auch für das Corporate Design
Ich sage immer: Das Produkt, was das Unternehmen verkauft, ist die Marke, auch wenn es eine Dienstleistung ist. Die Marke selbst muss zum Verkaufsargument werden, dafür muss das Corporate Design ganz klar hervortreten, auf allen Werbeträgern, ob analog oder digital. Also egal, um welches Kommunikationsmittel es sich handelt: Man muss sofort erkennen können, wer hier etwas mitteilt. Dahinter steckt die inzwischen alte Mär des Info-Spams: Wir werden täglich mit vielen Informationen bombardiert: mit E-mails, Direktnachrichten und Nachrichten in den Medien, Postings, Tweets usw. Das stellt uns Grafiker natürlich vor besondere Herausforderungen und das eben nicht nur im Print Bereich. Allein vor dem Hintergrund wird klar, dass wir nicht nur die technischen Raffinessen der Bildbearbeitung beherrschen müssen, sondern dass wir den Kunden auch immer wieder verdeutlichen müssen, dass auf einem großflächigen Plakat beispielsweise nur die wichtigsten Informationen stehen dürfen. Nämlich nur so viele, wie das Auge beim Vorbeifahren gerade so erfassen kann. Dass dann ein Eyecatcher noch hinzukommen muss, ist ja klar.
Wenig Text ist einfach mehr
Aber auch hier ist es schnell zu viel des Guten. Auch wenn es während der Bildbearbeitung immer wieder dazu verleitet, hier und da noch etwas zu gestalten oder auch, wenn der Kunde sich noch etwas mehr Informationen wünscht: Damit tut man weder der Wirkung noch der Informationsübermittlung einen Gefallen. Weniger ist mehr, auch textlich: Schlagworte, bei Veranstaltungen noch Datum und Ort, fertig. Natürlich verhält es sich bei den kleinsten Drucksachen genauso, auch hier können nur wenige Daten kommuniziert werden, wir empfehlen immer, das Logo und die Internetadresse als die wichtigste Information, die übrigen werden hintereinander gestaffelt: Meistens kommt dann erst der Claim, dann erst die Adresse des Unternehmens mit der Telefonnummer und der E-Mail-Adresse und als Letztes erst textliche Informationen wie Beschreibungstexte jeder Art. Im Print ist man leider an diese Weisung gebunden, während sich digital ganz andere Möglichkeiten ergeben. Dort können Informationen wechseln, einfliegen und wieder ausblenden.
Visuelle Kommunikation ist klasse, aber nicht alles
Das heißt für die Budgetplanung unserer Kunden: Während einer Kampagne lieber noch in einen zusätzlichen Flyer oder in eine klassische Broschüre investieren, wenn die Unternehmensbotschaften offline kommuniziert werden sollen; denn wie gesagt: Sowohl große als auch sehr kleine Werbeträger eignen sich kaum für viel Information. Nicht umsonst ist auch von visueller Kommunikation die Rede: Visuell kommt vom Lateinischen visus – das Sehen. Visuelle Informationen werden an das menschliche Auge übermittelt, da haben lange Texte nichts zu suchen, weil sie mit einem Augen-Blick nicht zu erfassen sind.
Wie immer ist das Leben der beste Ratgeber
Jetzt war die ganze Zeit zugegebenermaßen recht hochtrabend die Rede von Corporate Design, Digital Signage und visueller Kommunikation, aber eigentlich ist mein Profitipp auch aus dem Leben gegriffen: Denn wer das Ziel nicht kennt, wird den Weg nicht finden. Nicht nur im Mediendesign muss man sich das fertige Produkt vorstellen, sondern man zieht ja auch nicht ohne Einkaufsliste in den Supermarkt los. Und wenn doch, dann ist immer eine ewige Rennerei. Oder auch bei der Kindererziehung: Wenn ich nicht weiß, zu welchen Menschen sich meine Kinder entwickeln sollen, dann kann ich auch nicht konsequent erziehen. Es ist immer ratsam, sich das Ergebnis vorzustellen. Egal, welches (Lebens-) Projekt man auch angehen möchte: Wenn man nicht bis in die letzte Tiefe plant und dabei nicht vom Endergebnis ausgeht, werden Erfolg und Scheitern nah beieinanderliegen.
Unser Profi der Woche: Doreen Starost, Mediengestalterin für Digital- und Printmedien
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